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Archiv 2016:

Grundstückswertverordnung als wichtiger Bestandteil der „Grunderwerbsteuer neu“

Die „Grunderwerbsteuer neu“ ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass anstelle des (dreifachen) Einheitswertes ab 1.1.2016 der sogenannte Grundstückswert als Bemessungsgrundlage gilt, welcher deutlich näher am Verkehrswert liegt und somit bei unentgeltlichen Übertragungen von Grundstücken im Familienkreis oftmals zu einer höheren Grunderwerbsteuerbelastung führen kann. Der Begriff des Grundstückswerts wurde im GrEStG neu geschaffen und durch die Grundstückswertverordnung (GrWV), welche Ende Dezember 2015 final beschlossen wurde, präzisiert. Grundsätzlich kommt der Grundstückswert immer dann zur Anwendung, wenn keine Gegenleistung für die Übertragung eines Grundstücks vorliegt – außerdem kommt er bei Vorgängen nach dem UmgrStG wie auch bei Anteilsvereinigungen zum Einsatz.

Der Grundstückswert lässt sich auf drei unterschiedliche und gleichwertige Arten bestimmen. Der Steuerpflichtige ist folglich nicht dazu verpflichtet, mehrere Varianten der Grundstückswertberechnung vorzunehmen oder auch den höchsten ermittelten Wert heranzuziehen. Der Grundstückswert kann entweder mithilfe des Pauschalwertmodells ermittelt werden oder aus einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleitet werden. Außerdem kann bei entsprechendem Nachweis auf den niedrigeren gemeinen Wert abgestellt werden, wobei es bei Rückgriff auf ein Sachverständigengutachten sogar zur Beweislastumkehr kommt. Wichtig ist auch, dass die Ermittlungsmethode für jede wirtschaftliche Einheit frei gewählt werden kann.

Bei Anwendung des Pauschalwertmodells entspricht der Grundstückswert der Summe aus Grundwert und Gebäudewert. Grundsätzlich sollen dabei die Grundstückslage, die Bauweise, die Nutzung, die Fläche und der Erhaltungszustand des Gebäudes berücksichtigt werden. Im Detail ist die Berechnung durchaus komplex und basiert bei der Grundwertberechnung auf Parametern wie dem beim Finanzamt eruierbaren Bodenwert oder einem von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlichen Hochrechnungsfaktor (z.B. Hochrechnungsfaktor 5,5 für den 17. Wiener Gemeindebezirk oder Hochrechnungsfaktor 3 für Bad Aussee). Für die Ermittlung des Gebäudewertes stellt die Nutzfläche bzw. die Bruttogrundrissfläche die Ausgangsbasis dar, welche mit dem Baukostenfaktor zu multiplizieren ist. Die Verordnung legt den Baukostenfaktor pro m2 für die verschiedenen Bundesländer fest. Dieser beträgt beispielsweise in Wien 1.470 €/m2 und im Burgenland 1.270 €/m2. Begünstigungen im Sinne der Verminderung des Grundstückswerts sind dann in Abhängigkeit von der Art des Gebäudes und von der Fertigstellung bzw. seitdem erfolgten Sanierung bzw. Teilsanierung zu berücksichtigen. Betreffend die Gebäudekategorie wird es oftmals, sofern es sich nämlich nicht um Fabriksgebäude oder Lagerhäuser handelt, zu einem Abschlag von 28,75% kommen, wodurch der Baukostenfaktor nur zu 71,25% zu berücksichtigen ist. Die Begünstigung i.Z.m. der Sanierung bzw. Teilsanierung ist dann (zusätzlich) anwendbar, wenn vier von fünf Maßnahmen innerhalb der letzten 20 Jahre vor der Übertragung durchgeführt worden sind. Wurden in diesem Zeitraum „nur“ zwei Maßnahmen durchgeführt, handelt es sich um eine Teilsanierung. Die möglichen Sanierungsmaßnahmen umfassen die Erneuerung des Außenverputzes mit Erhöhung des Wärmeschutzes, den erstmaligen Einbau oder Austausch von Heizungsanlagen, den erstmaligen Einbau oder Austausch von Elektro-, Gas-, Wasser- oder Heizungsinstallationen, den erstmaligen Einbau oder Austausch von Badezimmern und den Austausch von 75% der Fenster.

Alternativ zum Pauschalwertmodell kann der Grundstückswert auch anhand eines geeigneten Immobilienpreisspiegels ermittelt werden. Für Erwerbsvorgänge im Jahr 2016 (Steuerschuld entsteht vor dem 1.1.2017) ist ausschließlich der Immobilienpreisspiegel der WKO, Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder heranzuziehen. Vergleichbar dem Pauschalwertmodell ist auch hier ein Abschlag von 28,75% vorzunehmen, um zum Grundstückswert zu gelangen. Für Erwerbsvorgänge nach dem Jahr 2016 bzw. bei denen die Steuerschuld nach dem 31.12.2016 entsteht, ist ausschließlich der zuletzt gültige Immobilienpreisspiegel der Statistik Austria maßgebend – auch hier ist ein Abschlag von 28,75% zu berücksichtigen. Ob das Pauschalwertmodell oder der Immobilienpreisspiegel günstiger ist, hängt stark vom Einzelfall ab. Für Wien betrachtet könnte z.B. sein, dass bei der Übertragung von Immobilien in „schlechten Gegenden von Nobelbezirken“ der Immobilienpreisspiegel unvorteilhaft ist, da auch die Immobilien in mäßig attraktiven Gegenden vom generell hohen Preisniveau eines teuren Bezirks beeinflusst werden.